Erinnen an Grafeneck

 

Im Rahmen unserer Aktionswoche “Jeder Mensch in der Mitte - unsere Woche für Vielfalt, Toleranz und Respekt” fand für einige Schüler der Jahrgangsstufen 11 und 12 eine Exkursion zur Gedenkstätte Grafeneck statt. Die Lehrkräfte, die uns begleiteten, waren Frau Moses und Frau Bopp.

Trotz der Verspätung des Busses kamen wir pünktlich an und wurden herzlich von zwei Guides begrüßt. Als Einstieg erhielten wir Karten mit unterschiedlichen Begriffen wie „Würde“, „Freiheit“, „Familie“, „Handy“ usw., die wir der Relevanz nach ordnen sollten. Schnell waren wir uns einig, dass die Würde und Freiheit des Menschen an höchster Stelle stehen, da sie die Grundlage für ein menschenwürdiges Leben bilden.

Nachdem wir in zwei Gruppen aufgeteilt worden waren, begaben wir uns zu einem Guide, der uns zunächst den Ort vorstellte. Die mittelalterliche Burganlage wurde im Jahr 1560 für die Herzöge von Württemberg zu einem Jagdschloss umgebaut. Im Jahr 1928 erwarb die Samariterstiftung das Schloss, um es als Einrichtung für Menschen mit Behinderungen zu nutzen. Anfang Oktober 1939 wurde das Schloss für “Zwecke des Reiches” übernommen. Hinter diesen “Reichszwecken” verbarg sich die systematische Ermordung von Menschen mit Behinderungen, die von der Reichskanzlei beauftragt wurde.

In Grafeneck befand sich während des Nationalsozialismus eine der ersten Tötungsanstalten im Rahmen der "Aktion T4", bei der tausende Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen ermordet wurden. Die Unschuldigen wurden mit unauffälligen Postfahrzeugen an den Ort gebracht, wo ihnen direkt befohlen wurde, ein Bad in einem Duschraum zu nehmen. Dieser Duschraum erwies sich jedoch als eine Täuschung, da anstelle von Wasser Kohlenmonoxid freigesetzt wurde. Die Ärzte waren für das Öffnen des Gashahns verantwortlich, der sich in ihrem Büro befand. Die Leichen der Opfer wurden anschließend im benachbarten Krematorium verbrannt. Ihre Todesursache wurde verfälscht.

Wir durften uns in Kleingruppen mit den Opfern und Tätern beschäftigen. Ein Opfer, der hier getötet wurde, war Karl Eugen Albue, dessen Todesursache angeblich eine Lungenentzündung war. In einem Jahr wurden hier 10.564 Menschen getötet, die an geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen litten. In Grafeneck dienten drei NS-Ärzte, darunter Horst Schumann, der später Lagerarzt des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, wo er Sterilisierungsversuche durchführte. Nach einer langen Flucht wurde er schließlich verhaftet. Aufgrund seiner Verhandlungsunfähigkeit wurde der Prozess gegen ihn eingestellt, und er wurde entlassen.

Anschließend begaben wir uns zum Standort der Gaskammer und des Krematoriums, die jedoch nicht mehr existieren. Stattdessen gab es ein kleines Schild, das darauf hinwies, dass an dieser Stelle einst die Gaskammer stand, während dahinter nur noch die Überreste in Form von aufgeschichteten Ziegelsteinen zu erkennen waren. Hinter der Gaskammer befand sich einst das Krematorium, welches heute nicht mehr zu sehen ist.

Daraufhin gingen wir zu der eigentlichen Gedenkstätte mit Namensbuch. Bevor man es betreten konnte, befand sich auf dem Boden ein Schild, das die Herkunftsorte der Opfer nannte. Es gab ein Namensbuch, auf dem die Namen der Opfer standen. Daneben befand sich ein Alphabet-Garten, bestehend aus Steinen mit allen Buchstaben, die auf dem Boden angeordnet waren. An der halben Mauer der Gedenkstätte konnten wir auf Zetteln etwas schreiben und sie zwischen den Ziegelsteinen platzieren. Hinter der Gedenkstätte kam man auf einen Garten mit vielen kleinen Gräbern mit Namen der Opfer. Am Ende des Gartens befanden sich zwei große Gräber, die für alle Opfer von Grafeneck stehen sollen. Nachdem wir den Ort besichtigt hatten, machten wir uns auf den Heimweg.

Die Exkursion nach Grafeneck war für uns von großer Bedeutung, da wir uns mit einem dunklen Kapitel der Geschichte auseinandersetzen konnten. Diese Erfahrung hat unsere Perspektive erweitert und unsere Bedeutung für Toleranz, Respekt und Menschlichkeit verschärft. Dafür danken wir unserer SMV und den Lehrern, die uns diese Exkursion ermöglicht haben.

Urfa Haji, J1

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